Vorbereitung zum Weihnachtsturnen (ein Beitrag von K. Engel, OAZ)

von Toralf Richter

„Wir kommen uns persönlich sehr nah“

Beim Weihnachtsturnen geht es diesmal um die 175-jährige Geschichte des Oschatzer Vereins. Oschatz Die Füße qualmen, die Köpfe rauchen, der Rücken will auch nicht mehr so ganz mitspielen. Die drei Trainerinnen des Oschatzer Turnvereins Marion und Tina Weidemann sowie Emily Griehl drehen in diesen Tagen zu echten Höchstleistungen auf. Tina und Emily haben sich dafür sogar extra Urlaub genommen, denn alles soll beim bevorstehenden OTV-Weihnachtsturnen perfekt sein. Schließlich soll es ein Rückblick auf 175 Jahre OTV-Geschichte werden. Während Tina Weidemann mit konzentriertem Blick und Kopfhörern vor zwei Laptops sitzt, um noch den letzten Feinschliff für die Lieder zu schneiden, stehen Marion Weidemann und Emily Griehl vor den Mädchen der Altersklasse zehn und elf. Es sind beim Training nicht alle da. Einige sind in den Urlaub gefahren. Die fünf Mädchen, die am Mittwoch gemeinsam trainiert haben, haben einen klaren Vorsprung. Wieder hieß es von Emily: „Und noch einmal von vorn“. Denn der letzte Teil des Programmpunktes sollte ebenfalls so gut klappen, wie der erste. Als wieder ein Stück fertig war, gingen die Überlegungen weiter. Noch acht Takte. Was könnte hier passieren? „Dann springt ihr einfach in eine ordentliche Grätsche“, schlägt die Trainerin vor.

Und dann? Umdrehen, Bockspringen. Ist dafür genügend Zeit? Die Köpfe glühen. „Es ist dieses Jahr etwas anstrengender als letztes, oder?“, fragt Emily die Mädchen. Die Kinder stimmen der Übungsleiterin zu. „Wir machen noch einmal den letzten Teil komplett und dann ist Pause“, schlägt Marion Weidemann vor. Zur Stärkung waren nicht nur Äpfel, Mandarinen und Trauben vorgesehen, sondern auch selbstgemachter Kuchen, den die Mädchen mitgebracht hatten.

„Nummer zwei ist fertig“, sagt Emily Griehl erleichtert, schickt die Kinder in den Umkleideraum, um sich auszuruhen und gönnt sich auch eine Pause. Die Trainerinnen sind täglich von 11 bis 20 Uhr vor Ort und erarbeiten gemeinsam mit den Turnerinnen und Turnern den Ablauf. Aufgrund des Jubiläums wird es in diesem Jahr einen geschichtlichen Rückblick in Form von verschiedenen Choreografien geben.

So geht es um die Gründung des Turnvereins im Jahr 1847, um die Gründung der Freiwilligen Turnfeuerwehr 1864, nachdem eben diese Turner bei einem großen Brand halfen. Auch der Krieg 1945 wird nicht ausgelassen. Schach und Schwimmen werden beim Weihnachtsturnen eine Rolle spielen, da es 1950 neben Turnen weitere Sektionen gab. 1977 waren 20 Frauen beim Turn- und Sportfest und 1987 fand das erste Weihnachtsturnen des OTV statt. Neben der Neugründung 1990 ist auch das Eltern-Kind-Turnen von 1999 ein Rückblick wert. Es wird ein Blick in die Gegenwart und Zukunft geworfen. Die Kinder der Altersklasse zehn und elf stellen die Corona-Krise dar: vom Training vor dem Laptop bis hin zum Training unter freiem Himmel. Bei diesem Programmpunkt ist auch die neunjährige Amelie dabei. Sie ist noch recht neu beim OTV, doch hat schon beim Mai-Turnen mitgewirkt. „Das ist alles total aufregend. Damals habe ich beim Rock’n’Roll mitgemacht. Bei dem, was wir jetzt einüben, finde ich toll, dass es erst langsam ist und dann schneller wird. Ich freue mich auf den Auftritt.“ Ob es Sorgen gibt, dass das Weihnachtsturnen so wie in den letzten Jahren ausfallen muss? „Eigentlich nicht. Wir wissen nun, dass falls es ausfallen sollte, ein Mai-Turnen neu aufgelegt würde, bei dem wir das Geübte zeigen könnten“, so Emily Griehl gelassen. „Bei den Jungs dauert das Training immer etwas länger“.

Die Pause ist zu Ende. Es geht weiter. Aufstellung. Alles muss sitzen. Das tut es auch! Es läuft wie geplant. „Glückwunsch. Ihr braucht morgen nicht zum Training zu kommen. Wir haben alles zusammen. Ihr habt euch eure Ferien verdient“, lobt Marion Weidemann und die Kinder flitzen in die Umkleidekabinen. Für sie ist das Training zu Ende. Für die Jungs geht es nun erst los. Und zwar ganz von Anfang an. Kurz vor dem Training hat Tina Weidemann das Lied für diesen Teil fertig bekommen. Gemeinsam setzt sie sich mit den Turnern vor den Laptop und zeigt, wie früher das Turnen aussah. Denn so wollen sie beginnen. Die Jungs decken den Abschnitt Krieg ab. Kein leichtes Thema. Schließlich verloren damals 58 Vereinsmitglieder ihr Leben. Doch viel mehr steht nun die Wiederbelebung des Vereins nach Kriegsende im Vordergrund.

„Ich bin gespannt wie es am Ende aussehen wird“, sagt der 14-jährige Ricky, der im Juli den vierten Platz beim Deutschland-Cup gewonnen hat. Seit zehn Jahren ist er bereits beim OTV und hat somit auch schon einige Weihnachtsturnen mitgestaltet. „Als ich jünger war, waren es für uns Kinder weniger Showeinlagen. Damals mussten wir uns alle erst reinfinden. Von Jahr zu Jahr wurde es immer spektakulärer. Ich freue mich auf diesen Auftritt. Die Musik ist schon richtig toll. Das Beste am Weihnachtsturnen ist, dass man sich persönlich sehr nah kommt und es macht immer Spaß!“ Neben ein paar Spielereien mit den Medizinbällen, konzentrierten sie sich auf das Training mit Tina Weidemann. „In der Vorkriegszeit gab es eine Männerriege. Sie haben auf dem Sportplatz in ihrer damaligen Sportkleidung Freiluftsport betrieben. Das stellen wir nach. Auch einen kurzen Militärteil wird es geben, aber der Krieg soll nicht im Vordergrund stehen. Wir wollen zeigen, wie die Turner nach dem Krieg wieder zum Sport kommen“, erklärt sie den jungen Turnern. „Bei den Jungs dauert das Training immer etwas länger, bis alles richtig sitzt. Aber auch wenn es bis zum letzten Tag dauert, wissen wir, dass es am Tag der Aufführung sitzt.“ Und das wird es bei dem intensiven Training auch bei den anderen Showeinlagen.

Der Kartenverkauf findet in diesem Jahr nur online statt. Mit einem QR-Code, der auf den Plakaten zu finden ist, oder einem Link auf der OTV- Homepage, geht es auf die eventim.light-Seite. Hier kann der Tag und der Sitzplatz ausgewählt werden. Der Kartenverkauf startet am 15. November um 18 Uhr.

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